Donnerstag, 27. September 2012

Alfredo von Fürstenberg

Nun also wieder eines meiner eigenen Lieblingsstücke.
Erstmal die wahre Geschichte. An meinem 19. Geburtstag bekam ich einen Gutschein für einen Build-a-Bear-Shop bekommen (Infos unter http://shop.build-a-bear.de/products/buildabear_home.asp?mid=40&store=1&sid=1&wid=1). Also bin ich mit meinen Freunden hin gefahren und so entstand Alfredo, mein schwuler Flamingo. Wer Kinder hat, diese Shops sind klasse, guckt euch die Seite mal an, da geht man mit einem ganz besonderen Stofftier wieder hinaus. Nun die Geschichte.


Alfredo war ein Flamingo und Flamingos waren Pink, aber im Gegensatz zu seinen männlichen Artgenossen hatte Alfredo kein Problem mit der Farbe seines Gefieders. Er liebte es, durch die Gegend zu stolzieren und sich zu präsentieren. Er lebte in einem Zoo und war besonders zufrieden, wenn die Besucher stehen blieben und ihn bewunderten.

In seinem Zoo war er eine Berühmtheit, aber irgendwie erfüllte ihn das nicht, er wollte im Leben so viel mehr erreichen. Also zog Alfredo hinaus in die Welt, nur um irgendwann festzustellen, dass es für einen Flamingo äußerst schwierig war irgendwo Fuß zu fassen. Er schlug sich mit Auftritten in einer Travestieshow durch, war aber nicht zufrieden, auch wenn er den Applaus natürlich genoss. Die Kostüme für seine Auftritte entwarf Alfredo selbst und Jimmy, der auch bei der Show mitmachte, nähte sie dann für ihn. Irgendwann fragten auch die anderen Künstler an, ob er ihre Kostüme entwerfen konnte und so fand Alfredo seine Berufung. Er wollte Modedesigner und einer der ganz Großen werden. Das war natürlich nicht so einfach und so blieb er zunächst bei jeder Menge Tüll und Glitzer.

Es war ein ganz normaler Abend, als plötzlich jemand kam und ihn ansprach. Man hätte von seinem Talent gehört und dass er in bestimmten Kreisen bereits eine Berühmtheit sei. Dann bot man ihm an, offiziell Mode für ein Label zu designen und da sagte Alfredo natürlich nicht nein. Seine erste Kollektion schlug ein wie eine Bombe, alle wollten seine Entwürfe tragen. Auf den Fashionweeks wollten alle seine Shows sehen und sogar die kritischsten Kritikerinnen rangen sich ein Lob ab. Doch irgendwie fand Alfredo, dass das noch nicht alles sein konnte, er musste noch etwas für die Menschen tun. Er legte fest, dass er jedes Model nur noch selbst auswählen würde, und entschied sich bewusst für die, die nicht perfekt waren. Seine Mode sollte jeder tragen können, also konnte sie auch jeder präsentieren fand er. Diese Entscheidung wurde zwar zunächst kritisiert, aber man gewöhnte sich daran. Schließlich war Alfredo nicht wie alle anderen und wollte das auch gar nicht sein.

Dienstag, 25. September 2012

Der rosa VW-Bus




So, hier mal wieder eines meiner eigenen geliebten Dinge. Das Thema dieser Geschichte liegt mir besonders am Herzen.


Als Ben geboren wurde, waren die 60er Jahre schon lange vorbei, trotzdem sollten deren Überbleibsel noch eine sehr wichtige Rolle in seinem Leben spielen.
Die Eltern des Jungen waren leidenschaftliche Flohmarktgänger und so riss ihre Faszination auch den kleinen Ben schon in jungen Jahren mit. Er staubte meistens Bücher ab und ab und zu mal Spielsachen. Ben liebte seine Eltern abgöttisch und freute sich jedes Mal, wenn sie zusammen Zeit auf dem Flohmarkt verbrachten.

Eines Tages, als er ungefähr vier Jahre alt war, machte Ben einen ganz besonders interessanten Fund. An einem Stand entdeckte er eine Spardose, die die Form eines rosa VW-Bus hatte. Er war sofort total begeistert und wollte den Bus unbedingt haben. Umso erstaunter war er von der Reaktion seiner Eltern. Die meinten, dass eine rosa Spardose nichts für ihn sei, schließlich war er ja kein Mädchen. Ben verstand diese Reaktion nicht, warum sollten Jungen keine rosa Spardose kaufen dürfen? Außerdem war es doch ein Auto und damit spielten Jungen doch sehr häufig. Seine Eltern blieben stur, sie wollten ihm die Spardose einfach nicht kaufen. Da holte Ben sein kleines Portmonee heraus und fragte die Verkäuferin, was sie dafür haben wolle. Die sagte, dass sie die Spardose so einem netten jungen Mann gerne schenken würde, sein Geld könne er dann gleich hineinwerfen. Ben bedankte sich tausend Mal und nahm den kleinen Bus überglücklich mit nach Hause. Seine Eltern blieben skeptisch, ließen ihn aber gewähren und bestanden schließlich darauf, dass er die Spardose in seinen Schrank stellte, wo sie niemand sehen konnte. Das tat er dann auch und steckte jeden Cent, den er bekam hinein.

Es sollten einige Jahre vergehen, bis Ben verstand, warum seine Eltern sich so gegen die Dose gesträubt hatten. Er zeigte sie einem Freund, der in prompt fragte, ob er denn schwul sei. Bis dahin hatte Ben noch nie etwas von Homosexualität gehört. Daraufhin informierte er sich und verstand allmählich das Problem. Zwar konnte er das Verhalten seiner Eltern nicht nachvollziehen, aber es gab scheinbar viele Menschen, denen es genauso ging. Er selbst fand, dass es egal war, wen jemand liebte, so lange man sich gegenseitig gut behandelte, aber diese Ansichten teilte kaum jemand mit ihm.

Umso mehr er sich informierte, umso wütender wurde Ben und so begann er eines Tages sich für die Rechte der Homosexuellen einzusetzen. Darüber waren seine Eltern natürlich alles andere als glücklich, was es ihm noch schwerer machte ihre Ignoranz und Feindseligkeit zu ertragen. Als er achtzehn wurde, hatte Ben sich genug Geld zusammen gespart, um sich einen echten rosa VW-Bus zu kaufen. Er gestaltete ihn bewusst sehr feminin und fuhr damit durch die Lande, vor allem zu Veranstaltungen, bei denen es um Gleichberechtigung ging, aber auch, um seine Meinung öffentlich zu vertreten. Bei einer Veranstaltung traf er die Frau wieder, die ihm vor so vielen Jahren die Spardose geschenkt hatte. Sie stellte ihm ihre Lebensgefährtin vor und er erzählte ihr seine Geschichte. Die Frau lächelte und freute sich, da hatte sie den kleinen Bus wohl dem Richtigen geschenkt.

Samstag, 22. September 2012

Lucie und Harold





Dieses tolle Bild hat solebich.de Userin xxlenaxx selbst gemalt, zu finden ist es auch auf ihrem Blog 

www.helenes-stilbruch.blogspot.com


Lucies Eltern konnten sie nicht besonders gut leiden. Das war schon immer so gewesen und das Mädchen ging davon aus, dass sich das auch niemals ändern würde. Doch Lucie war ein ganz besonderes Kind und so störte es sie das schlechte Verhältnis zu ihren Eltern nicht weiter. Sie überhörte ihr Schimpfen, wenn sie aus Versehen etwas fallen ließ, oder sich unabsichtlich voll kleckerte.

Das Einzige, was ihr einen kleinen Stich versetzte, war, wenn sie sie als böse bezeichneten, dann verkroch sie sich meisten ins ihr Bett und weinte, bis sie eingeschlafen war. Sie weinte allerdings nicht, weil sie traurig war, sondern weil sie das Wort 'böse' so furchtbar ärgerte, denn wenn Lucie eines von sich behaupten konnte, dann, dass sie nicht 'böse' war. Abends las sie oft Märchenbücher und da verhielten sich die Bösewichte ganz anders als sie. In der Tat war sie sogar ein äußerst liebes Mädchen, das jeden Morgen sein Bett machte und den Teller nach dem Essen sofort in die Spülmaschine stellte.

An einem milden Sommerabend saß sie bei geöffnetem Fenster auf ihrem Bett und las, als sie plötzlich ein Rascheln vernahm. Auf der Fensterbank saß ein kleines Eichhörnchen und knackte eine Nuss. Fasziniert legte Lucie das Buch zur Seite und beobachtete den kleinen Nager. Sie fand, dass das Hörnchen aussah als hieße es Harold, also begrüßte sie es mit diesem Namen und war verblüfft, das es kurz inne hielt und sie anstarrte. Dann hatte Herold die Nuss geknackt und knabberte an der einen Hälfte. Als die aufgegessen war, schnappte er sich die andere und sprang zu Lucie aufs Bett. Auf ihrem Kissen ließ er die halbe Nuss zurück und verschwand dann schleunigst wieder in den Garten.

Lucie war überglücklich als sie an ihrem Geschenk nagte und am nächsten Morgen erzählte sie ihrer Lehrerin von dem Erlebnis. Die war ganz begeistert und vertraute dem Mädchen ein Geheimnis an, nämlich, dass Tiere genau merken, ob ein Mensch gut oder böse ist und dass Harold nie mit ihr geteilt hätte, wenn sie nicht ein ganz liebes Mädchen wäre. Ab diesem Tag war es Lucie egal, ob ihre Eltern meinten sie sei böse, denn nun wusste sie, dass sie sich wirklich irrten.

Seitdem legte das Mädchen jeden Tag eine Nuss auf ihre Fensterbank und jeden Tag kam Harold um sie mit ihr zu teilen. Dank ihm zweifelte Lucie nie mehr an sich selbst. Manchmal braucht es eben nur ein Eichhörnchen und alles wird wieder gut.

Donnerstag, 20. September 2012

Trachtentraum



Diese beiden Süßen gehören der solebich.de Userin optimiss und ich hoffe, dass ihr diese Geschichte gefällt.


Seit Elisa mit vier Jahren zum ersten Mal eine Frau in einem Dirndl gesehen hatte, wünschte sie sich eines Tages auch einmal so ein schönes Kleid zu besitzen. Diesen Wunsch hätten ihr ihre Eltern auch gern erfüllt, aber leider war das Geld immer knapp und Elisa musste sich mit Kleidung aus zweiter Hand zufrieden geben. An sich fand sie das auch nicht schlimm, aber der Traum vom Dirndl blieb.

Als sie dann fünf wurde, bekam sie ihr erstes Dirndl geschenkt, es war ganz klein, sogar zu klein für ihre Puppe. Trotzdem freute Elisa sich, denn ihre Eltern versprachen ihr, dass ein Tag kommen würde, an dem sie ein Dirndl bekam, dass sie auch anziehen konnte. Später überlegte sie sich, dass es doch viel zu schade war, wenn das hübsche, kleine, rosa Dirndl von niemandem getragen wurde und so bastelte sie, zusammen mit ihrer Mama, ein kleines Püppchen, dem das Kleid wunderbar passte.

Sie liebte die kleine Lisel, wie sie sie nannte, über alles und stellte eines Tages fest, dass dem Püppchen ein Mann fehlte. Also bastelte Elisa den kleinen Schorsch, damit Lisel nie mehr allein sein musste. Sie zeigte die Püppchen ihren Freundinnen und die waren so begeistert, dass sie wiederum ihren Müttern davon erzählten. Eines Tages begannen dann die Bestellungen. Die Mütter wollten Elisas Püppchen für ihre Töchter kaufen und so fing sie an zu basteln. Jeden Cent den sie dabei einnahm, steckte Elisa in eine Spardose. Irgendwann war es dann so viel Geld, dass sie sich ihr eigenes, echtes, passendes Dirndl kaufen konnte.

Noch Heute läuft Elisa manchmal im Dirndl durch die Stadt und wird dabei oftmals komisch angesehen. Doch das macht ihr nichts, ihr Traum hat sich erfüllt und darauf kommt es an.

Mittwoch, 19. September 2012

Theodor

Dieses wirklich schöne Bild hat solebich.de Userin optimiss mir zur Verfügung gestellt also werde ich mal drauflos schreiben. Ach ja, zur Info, das Bild heißt wirklich Theodor, habe den Namen auf Basia Bimczoks Seite herausgefunden. Davon habe ich mich dann inspirieren lassen.


Theo war sieben Jahre alt, als sein Vater starb und er der Mann im Haus wurde. Ab diesem Zeitpunkt musste seine Mutter sehen, wie sie zurecht kam, das Geld reichte vorne und hinten nicht. Theo fühlte sich schuldig, er glaubte, er müsste auch etwas zum Einkommen beitragen und nicht den ganzen Tag untätig in der Schule sitzen. Er ging weiter zur Schule, allerdings nur, weil es aufgefallen wäre, wenn er es nicht getan hätte. Am Nachmittag jedoch, den er bis dahin genutzt hatte, um seine Freunde zu treffen, fuhr er mit dem Bus in die Innenstadt und setzte sich mit einem Becher auf die Erde, in der Hoffnung jemand hatte ein Herz und würde ihm helfen.

Seiner Hoffnung folgte bald Ernüchterung, als die Menschen an ihm vorbei eilten, als wäre er unsichtbar. Einmal nur wurde er angesprochen, von einem alten Herrn, der sagte Theo sei doch ein Mann und Männer könnten auch für ihr Geld arbeiten. Da kam ihm die Idee. Am nächsten Morgen stahl er etwas von der Schminke seiner Mutter und kaufte sich in der Stadt, von seinem letzten gesparten Geld, ein gebrauchtes rosa Kleid. Ab diesem Tag bettelte nicht mehr Theo, sondern ein Mädchen namens Thea. Die war, erstaunlicherweise, viel erfolgreicher, als der Junge und schon bald war ihr kleiner Becher voll mit Münzen.

Theo gab seiner Mutter das Geld nicht sofort, sonst hätte sie noch gefragt, woher er das hatte. Stattdessen brachte er häufiger mal einen Apfel mit nach hause und behauptete, der Obsthändler hätte ihn ihm geschenkt. Sie schöpfte keinen Verdacht. Theo verbrachte noch sehr viele Nachmittage als Thea in der Stadt, bis ihn eines Tages jemand ansprach. Der Mann behauptete er sei Künstler und würde furchtbar gern ein Portrait von ihm malen. Der Junge weigerte sich, einfach so mit dem Mann mit zu gehen, erklärte sich aber dazu bereit, sich still auf eine Bank zu setzen, während der Künstler ihn malte.

Johann, so hieß der Mann, interessierte sich sehr für Theos Geschichte und so erzählte er ihm alles. Der Junge war erstaunt, als er eine Träne in Johanns Auge blitzen sah, sagte aber nichts. Sie verbrachten einige Nachmittage zusammen, bis das Portrait fertig war und das Ergebnis war verblüffend. Der Künstler hatte Thea wirklich gut getroffen und er gab Theo ein Versprechen. Wenn er das Bild verkauft hatte, würde er wiederkommen und ihm das Geld geben, dass er eingenommen hatte. Dann war er verschwunden. Theo glaubte nicht, dass er Johann je wiedersehen würde, schließlich hatte er die Erfahrung gemacht, dass man niemandem trauen durfte.

Einige Wochen vergingen und eines abends breitete Theos Mutter wütend sein gespartes Geld vor ihm aus und fragte ihn, wo er das her habe. Widerwillig erzählte er von seinen Nachmittagen, bis seine Mutter so bitterlich anfing zu weinen, dass er sie trösten musste. Sie sagte immer wieder, dass es ihr Leid tue, aber Theo wusste gar nicht warum. Sie taten beide ihr Bestes, es reichte nur nicht. An diesem Abend verbot sie ihm nochmal in die Stadt zu fahren und weil er ihr nicht noch mehr Kummer bereiten wollte, hörte Theo auf seine Mutter.

Ein paar Tage später, es war fast Zeit fürs Abendessen, läutete es an der Tür. Als Theo öffnete war ihm seine Überraschung anzusehen. Da stand Johann und schenkte ihm das hoffnungsvollste Lächeln, das man sich vorstellen konnte. Theo bat ihn herein und schon begann der Künstler den beiden von seinem Erfolg zu erzählen. Nachdem er, bei der Präsentation des Bildes, Theos Geschichte erzählt hatte, hatte das Portrait viel mehr eingebracht, als er es zu träumen gewagt hatte und den Erlös hatte er nun mitgebracht.
So viel Geld hatten weder Theo, noch seine Mutter, jemals gesehen. Seit diesem Tag verband die drei eine tiefe Freundschaft und um Geld mussten sie sich nie wieder Sorgen machen.
Danach verkleidete sich Theo nur noch selten als Thea, außer an Karneval, auch um sich selbst daran zu erinnern, wie gut es ihm nun ging.

Portrait einer streng dreinblickenden Dame

Dieses Bild gehört der solebich.de Userin stanzi68. Ich habe vom ersten Augenblick an gewusst, dass die Geschichte dazu etwas besonderes werden würde und das wurde sie. Ich will auf keinen Fall anmaßend klingen, aber diese Story hat mich selbst wirklich berührt. Hoffentlich gefällt sie euch genauso gut wie mir.


Johann war nie besonders reich gewesen. Er hielt sich mit seiner Kunst so gerade eben über Wasser, aber er konnte sich auch nicht vorstellen, etwas anderes zu machen. Manchmal saß Johann auf einer Bank im Park und kritzelte in sein Skizzenbuch. Er blieb immer so lange wie möglich, um möglichst wenig Zeit in seiner kleinen, ungemütlichen Wohnung verbringen zu müssen.

Es war ein milder Herbsttag, als Johann die Dame zum ersten Mal sah. Sie saß auf der Bank am Teich, warf ab und den Enten ein paar Brotkrumen zu und blickte ansonsten nur sehr streng drein. Johann wusste nicht warum, aber er musste den Ausdruck im Gesicht der Frau festhalten. Er begann ihr Profil zu skizzieren und fragte sich die ganze Zeit was wohl hinter ihrer Fassade steckte. Als es zu dämmern begann, machte die Dame sich auf den Weg und auch Johann ging ausnahmsweise gerne in seine Wohnung, er wollte unbedingt dieses Portrait malen. Natürlich wurde er an diesem Abend nicht fertig, aber er setzte seine Arbeit Tag für Tag fort, nachdem er im Park gesessen und die Dame immer wieder skizziert hatte.

Nach einiger Zeit wurde das Portrait dann doch fertig und er hatte es geschafft genau das einzufangen, was er erhofft hatte. Jeder, der dieses Portrait betrachten würde, würde sich die Frage stellen, was diese Dame wohl bewegte. Er schrieb eine Widmung hinten auf das Bild 'Für die streng dreinblickende Dame. Ich hoffe ich werde Sie eines Tages lächeln sehen, Johann Dahl'. Dann nahm er das Bild und ging in den Park.

Die Dame saß wieder an ihrem gewohnten Platz und fütterte die Enten. Johann näherte sich ihr schüchtern und überreichte ihr sein Geschenk. Sie nahm es misstrauisch entgegen, begutachtete es und tat dann etwas, womit Johann nicht gerechnet hatte, sie lächelte ihn an und dankte ihm von ganzem Herzen. Sie ging sofort nach Hause, um das Bild zu rahmen und im einen geeigneten Platz zu geben. In den nächsten Tagen trafen sich die beiden noch einige Male im Park, redeten über das Wetter und die Kunst, nichts Verfängliches. Eines Tages kam die Dame dann nicht mehr, wenige Tage darauf aber jemand anderes, ein dicker Mann mit Krawatte setzte sich neben ihn und fragte ihn, ob er Johann Dahl sei.

Der Mann war der Anwalt der Dame. er erklärte ihm, dass sie leider nach langer Krankheit verstorben war, und dass es sein Name war, der als einziges in ihrem Testament stand. Sie hatte keine Angehörigen und scheinbar auch keine Freunde gehabt und erwähnte in ihrem Testament, dass es das Schönste für sie gewesen wäre, ihre letzten Tage mit Johann im Park zu verbringen. Nun würde er, Johann, den ganzen Reichtum der Dame erben, und das war eine Menge Geld, darüber würde er sich nie wieder Sorgen machen müssen. Zurück in seiner Wohnung weinte Johann bitterlich und begann an einem weiteren Portrait zu malen. Diesmal lächelte die Dame. Seitdem hing er das Bild immer an einen Ort, an dem er es sehen konnte, um niemals zu vergessen, was er ihr verdankte.

Dienstag, 18. September 2012

La Luna

Diese Swarovski Anhänger haben mich schon vor einiger Zeit zu dieser Geschichte inspiriert.


 La Luna war der Mond und sie hasste es, der Mond zu sein. Jeden Monat durchlief sie ein Menschenleben, ganz allein. Nur zu Neumond war es ihr vergönnt auf der Erde zu weilen. Dann wandelte sie durch die Straßen, unfähig ihre Gefühle zu bändigen. Wut und Frustration über ihr Dasein wollten sie einfach nicht loslassen. Mit dem Ziel anderen ihr Leid zu ersparen, suchte La Luna sich jeden Monat einen Obdachlosen und schenkte ihm, im Glauben ihn zu erlösen, den Tod.

So ging es eine sehr lange Zeit, wie lange war unklar, das Gefühl dafür hatte sie längst verloren. Es war eine klare Neumondnacht, in der sich alles änderte. Auf der Suche nach einem neuen Opfer kam La Luna an einem See vorbei. An diesem See saß ein Mann mit einer Gitarre. Sein Spiel war so bittersüß, dass es kaum zu ertragen war, aber La Luna stand nur wie gebannt da und beobachtete, wie seine flinken Finger die Seiten der Gitarre zum Schwingen brachte. An diesem Neumond nahm sie niemandem das Leben.

Bei ihrem nächsten Besuch auf der Erde, führte sie ihr Weg wieder zu dem See, in der Hoffnung, den Mann erneut anzutreffen und sie wurde nicht enttäuscht. Dieses Mal ging sie zu ihm hinüber und setzte sich, ein Stück von ihm entfernt, auf einen Stein. Sie fragte ihn, wie er das machte, der Gitarre so viele Gefühle zu entlocken. Er spielte unbeirrt weiter und erklärte, dass er nur versuche, seinen Gefühlen durch die Gitarre Ausdruck zu verleihen. So, meinte er, konnte er sogar aus negativen Gefühlen etwas positives erschaffen. La Luna war sprachlos, wie konnte ein einfacher Mann nur so viel mehr Weisheit besitzen als sie?

Noch zwei weitere Neumonde verbrachte sie damit, dem Mann und seiner Gitarre zu lauschen. Auch am dritten darauf folgenden Neumond zog es sie zum See und auch dieses Mal fand sie dort den Mann mit der Gitarre vor. Doch bevor sie ihn erreichen konnte, löste sich eine Gestalt aus dem Schatten hinter dem Mann, rammte ihm ein Messer in die Brust, entriss ihm die Gitarre und verschwand wieder im Dunkel. So schnell sie konnte war La Luna an seiner Seite, um festzustellen, dass er die Nacht nicht überleben würde. Aber der Mann lächelte sie an, als er sie erkannte und dankte ihr dafür, dass sie seiner Existenz einen Sinn gegeben hatte. Denn wenn er auch nur eine Person mit seiner Musik hatte bewegen können, war seine Aufgabe in dieser Welt erledigt. Dann schloss er die Augen und starb. Und La Luna weinte die ganze Nacht hindurch.

Am nächsten Morgen fand ein kleines Mädchen, das auf dem Weg zur Schule an besagtem See entlang ging (genau an der Stelle, wo La Luna den Mann mit der Gitarre betrauert hatte) zwei kleine Kristalle. Der eine hatte die Form eines Herzens und glänzte blutrot, der andere war wie eine Mondsichel geformt und schimmerte schwarz wie die Nacht.

Was sind Geliebte Dinge?

"Geliebte Dinge" sind all die Dinge, die uns besonders am Herzen liegen. Das können ganz unterschiedliche Sachen sein, eine Kette, eine Teetasse oder eine alte Nähmaschine, darauf kommt es nicht an. Mir fällt eigentlich zu allem etwas ein.

Die Geschichte dieses Blogs begann auf SoLebIch.de, als ich meine Gedanken zu einer von Kristina Fiands Edekafrauen niederschrieb. Es folgten weitere Geschichten über diese besonderen Damen. Irgendwann gab es aber keine Edekafrauen mehr, über die ich schreiben konnte und so überlegte ich mir etwas anderes, da sich meine Geschichten bis dahin großer Beliebtheit erfreut hatten. Ich bot den SoLebIch.de Mitgliedern an, Geschichten über ihre geliebten Dinge zu schreiben, dazu mussten sie nur ein Foto des Gegenstands posten und schon machte ich mich ans Werk. 

Über die geliebten Dinge zu schreiben, macht mir so viel Spaß, dass ich mich entschieden habe, sie auch in diesem Blog zu präsentieren. Ich hoffe, dass ich mit meinen Geschichten unterhalten kann und bin immer offen für Fotos von neuen geliebten Dingen.

Liebe Grüße,
MutantMuse